In dieser Episode besucht mich meine geschätzte Kollegin Luise Holthausen, um eine Geschichte aus Ihrem Buch „Drachen, Feen, Zauberwelten“ aus dem Esslinger Verlag vorzulesen und mir im Anschluss einige Fragen zu beantworten. Was Sie hier hören, ist der zweite Versuch – eine Abschrift des ersten Interviews finden Sie untenstehend. Warum das Ganze, verrät die Episode selbst.
Die Musik wurde freundlicherweise von Erdenstern zur Verfügung gestellt. Die Homepage der Autorin finden Sie unter www.luiseholthausen.de.
[display_podcast]
Abschrift des ersten Interviews mit Luise Holthausen
Beim ersten Versuch, Luise zu interviewen, sind leider technische Schwierigkeiten aufgetreten, die verhindern, dass die Aufnahme gesendet werden kann. Es war mir aber möglich, die Fragen und Antworten abzutippen, so dass Sie dennoch in den Genuss der Antworten der Autorin kommen.
André: Haben alle deine Bücher einen fantastischen Hintergrund?
Luise: Nein, das haben sie nicht. Ich habe eigentlich eine ganze Bandbreite bei dem, was ich schreibe. Das sind einmal Geschichten aus der Welt der Kinder, was sie selbst erleben, also z.B. Kindergartengeschichten, aber auch fantastische Geschichten, die sich mit dem beschäftigen, was Kinder träumen und was sie sich ausdenken oder gerne spielen, wo sich Realität und Fantasie vermischen. Das schreibe ich besonders gern, wenn man nicht genau weiß, war es jetzt ein Traum oder war es Wirklichkeit.
Was die fantastischen Geschichten angeht, merkt man ja auch an der Geschichte, die ich eben vorgelesen habe, dass schon immer auch etwas aus der realen Welt der Kinder mitspielt. Kinder gehen in die Schule und diese Drachen gehen auch in die Schule, da gibt’s dann natürlich Parallelen, und die Kinder können sich freuen, dass der Drache die Schule in Brand setzt, was sie eben nicht können.
André: Drachen, Feen und Zauberwelten ist ja ein Buch aus einer Reihe. Welche Bücher sind denn da noch erschienen?
Luise: Ja, das ist eine Reihe im Esslinger Verlag, Esslingers Vorlesegeschichten, die sind für Kinder ab 4 Jahren, aber durchaus auch für ein bisschen Ältere zum Selberlesen geeignet. Ich selbst habe sie schon in zweiten Klassen vorgelesen, die konnten sich dafür auch noch richtig begeistern. Mein erstes Buch in der Reihe war Pferde, Ponys, Reiterhof also Ponygeschichten, das zweite Kunterbunter Kindergarten, also Geschichten aus dem Kindergartenalltag, rund um Freundschaften, den ersten Kindergartentag, Trennung von den Eltern, Feste oder die Übernachtung im Kindergarten. Dann eben Drachen, Feen, Zauberwelten, und im Januar dieses Jahres ist erschienen Wilde Wikinger voraus, in dem es, wie der Titel schon sagt, um Wikinger geht. Das umfasst auch eine ganze Bandbreite, zwar auch, aber nicht immer nur á la Wicki, der pfiffige, lustige Wikinger, sondern alles rund ums Wikingerleben in Geschichten verpackt. Dass sie auf Tierknochen Schlittschuh gefahren sind, dann der Bootsbau, die Schiffsfahrten, Entdeckung von Land, der Handel in Haihabu usw.
André: Gibt es geschlechterspezifische Unterschiede? Also sind die Ponygeschichten eher was für Mädchen und die Wikingergeschichten eher was für Jungen?
Luise: Also wahrscheinlich wird es so sein, obwohl ich es nicht hoffe. Ich gebe mir nämlich immer sehr viel Mühe, für beide zu schreiben, und deswegen kommen in den Ponygeschichten auch reitende Jungen vor und es gibt natürlich auch eine Indianergeschichte. Ich gebe mir immer Mühe, diese Klischees zu brechen, bzw. Bücher zu schreiben, die von beiden Geschlechtern gerne gelesen werden. Bei den Wikingern gibt es ein Mädchen, das sich auf ein Schiff schleicht. Der Vater geht damit auf Entdeckungsreise und sie schmuggelt sich drauf und fährt mit. Ich versuche schon, für beide zu schreiben, weil ich diese Trennung: „Das ist für Jungs, das ist für Mädchen“, gar nicht mag. Und dann möglichst auch noch durch rosa Glitzer klar zu machen: „Das darf nun wirklich kein Junge lesen“, das kann ich überhaupt nicht leiden.
André: Sind Kinder die kritischeren Leser?
Luise: Kritischer vielleicht in dem Sinne, dass sie deutlicher zeigen, wenn ihnen etwas nicht gefällt. Sie sind sozusagen keine höflichen Leser. Ein erwachsener Leser, das merkt man bei Lesungen am Besten, wird immer noch höflich zuhören, aber ein Kind fängt dann an zu hampeln oder mit seinem Nachbarn zu schwatzen, die sagen auch direkt: „Och nö, jetzt habe ich keine Lust mehr, die Geschichte zu hören.“ Da merkt man das also viel schneller. Ob sie jetzt kritischer sind, weiß ich nicht, aber sie sind wesentlich direkter. Das ist eine Herausforderung, aber wenn dann ein Lob kommt, ist es dann umso schöner.
André: Haben deine Bücher auch einen pädagogischen Hintergrund? Der Drache, der die Schule abfackelt, ist als Vorbild ja vielleicht nicht so gut geeignet. Ich habe aber gesehen, dass auf einigen deiner Bücher auch das Dudenlogo mit draufsteht, was steckt denn dahinter?
Luise: Ich schreibe auch für den Dudenverlag, die Erstlesebücher unter dem Oberbegriff „Leseförderung“ veröffentlichen. Aber die Geschichten sind trotzdem ganz normale Geschichten. Es ist nicht so, dass da der pädagogische Zeigefinger geschwungen wird. Die Reihe heißt Lesedetektive und hat die Besonderheit, dass im Buch zusätzlich Fragen zum Text gestellt werden. Wenn man den Text aufmerksam gelesen hat, kann man diese Fragen beantworten, das fördert das so genannte „sinnerfassende Lesen“.
Ich glaube, nichts fördert das Lesen so sehr, wie eine spannende und interessante Geschichte, die den Kindern einfach Spaß macht, und die sie mit roten Ohren lesen. Deswegen ist es zwar ein Leseförderungskonzept, das hinter der Reihe steckt, aber die Geschichten kommen ohne pädagogischen Zeigefinger aus. Wobei natürlich in den Geschichten, die ich schreibe, schon hier und da etwas mit schwingt, wenn man eine Freundschaft beschreibt, und es darum geht: „Wollen wir nun das neue Mädchen in unsere Klicke aufnehmen oder nicht?“ Vielleicht ist das schon etwas Pädagogisches, aber es ist nicht vordergründig gewollt.
André: Würdest du sagen, dass es inhaltliche oder formelle Unterschiede zwischen den „alten“ Kindergeschichten, wie Pipi Langstrumpf, und den modernen Geschichten gibt?
Luise: Das kann ich so spontan gar nicht beantworten. Aber da du Pipi Langstrumpf ansprichst: Was ich schon ein wenig schade finde, ist, dass heute manchmal zu wenig gewagt wird. Pipi Langstrumpf ist ja eine Figur, die ist sehr anarchisch, und das finde ich ganz toll. Heute wird schon gern auf die Eltern geschielt, kaufen die das auch, wenn das Mädchen so „frech“ ist? Ich habe z.B. mal Rezensionen gelesen zu den wunderbaren Juli-Bilderbüchern von Kirsten Boie – sind wirklich wunderbare Geschichten – und darin stand, Juli sei kein Vorbild, der wäre zu frech. Natürlich gucken die Verlage auch auf die Eltern, die sind ja die Käufer, aber ich hoffe nicht, dass dadurch Sachen durchfallen. Manchmal denke ich aber, früher hat man in der Hinsicht mehr gewagt. Pipi Langstrumpf ist ein Beispiel dafür.
André: Jetzt sind wir auch schon am Ende der Zeit angekommen. Ich danke dir für deine spannenden Antworten.
Luise: Ich danke dir. Das waren wirklich interessante Fragen.
Rosemarie
Ein tolles Interview mit einer sehr interessanten Autorin.
Luise Holthausen hat nicht nur sehr nette und witzige Kindergeschichten geschrieben, sie hat vor allem auch eine ganz tolle Erzähl- bzw. Vorlese-Stimme.
#1 Kommentar vom 13. Juli 2009 um 13:44
Barbara Peters
Es hat mir sehr viel Spaß gemacht, diesem Interview und der kleinen Lesung zu lauschen. Nachdem mir schon das Zickenbuch aus dem Dudenverlag sehr gefallen hat, werde ich mir nun auch „Drachen, Feen, Zauberwelten“ besorgen!!!
#2 Kommentar vom 13. Juli 2009 um 19:52